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Entwicklung der Sozialausgaben

Faire Lastenverteilung statt Privatisierung

 

Es wird wieder vermehrt über die Höhe der Sozialausgaben in Deutschland diskutiert. Dabei wird der Eindruck erweckt als seien die Sozialausgaben in den vergangenen Jahren explodiert und der Sozialstaat nicht mehr finanzierbar. Bundesfinanzminister Christian Lindner hat ein mehrjähriges Moratorium für Sozialausgaben vorgeschlagen. Arbeitgeberverbände und wirtschaftsnahe Lobbygruppen trommeln bereits seit langem für eine Begrenzung der Sozialausgaben und eine Deckelung der paritätisch finanzierten Sozialversicherungsbeiträge.

Entwicklung der Sozialausgaben

Ein Blick auf die Fakten zeigt, dass die Sozialausgaben in Deutschland weder im internationalen noch im historischen Vergleich besonders hoch sind:

  • Nach Zahlen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) ist die Sozialleistungsquote – also die Summe aller Sozialleistungen im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt in Deutschland – in den letzten 15 Jahren relativ konstant und liegt nach letzten Zahlen von 2022 bei derzeit 30.5 Prozent.
  • Abrupte Anstiege der Sozialleistungsquote, wie in den Jahren der Finanzmarktkrise 2009 und der Corona-Pandemie 2020, lassen sich durch die wirtschaftlichen und sozialen Krisenfolgen erklären. Ein solcher Anstieg der Sozialleistungsquote ist dabei keinesfalls ein Problem, sondern ein Indikator für die Problemlösungsfähigkeit des deutschen Sozialstaates, der die sozialen Folgen von Krisen abmildert, Beschäftigung sichert und die Nachfrage stabilisiert.
  • Auch ein Blick auf die historische Entwicklung der Staatsquote – also den gesamten staatlichen Ausgaben einschließlich der Sozialausgaben – zeigt ein relativ konstantes Niveau um die 50 Prozent, wiederum mit zeitlich begrenzten, krisenbedingten Ausschlägen nach oben.
  • Im internationalen Vergleich mit anderen OECD-Ländern ist Deutschland mit seinen Sozialausgaben keinesfalls ein Ausreißer nach oben, sondern liegt im soliden Mittelfeld. Die Staatsquote liegt 2023 mit 48,2 Prozent sogar 0,7 Prozent unter dem EU-Durschnitt von 48,9 Prozent.
  • Betrachtet man die öffentlichen und privaten Sozialausgaben (zu denen in vielen Ländern bspw. die vom Staat vorgeschriebene private Krankenversicherung zählt) zusammen, ist Deutschland sogar auf einem Niveau mit den USA oder der Schweiz, die ja häufig als Musterländer für niedrige Sozialausgaben herangezogen werden.

Wer zahlt für steigende Ausgaben und Leistungen?

Von einem aufgeblähten Sozialstaat kann nicht die Rede sein.  Gleichzeitig ist unstrittig, dass die Kosten für zentrale Leistungen bei Rente, Gesundheit, Pflege und Bildung in den kommenden Jahren steigen werden.

Der demographische Wandel, medizinischer Fortschritt aber auch gestiegene gesellschaftliche Erwartungen führen in vielen Bereichen zu erhöhten Kosten:

  • Beispielsweise ist bereits heute absehbar, dass wir in Zukunft deutlich mehr Pflegebedürftige in Deutschland haben werden. Der Barmer-Pflegereport 2021 geht bspw. von rund sechs Millionen Pflegebedürftigen im Jahr 2030 aus.
  • Die Kosten für die Altersversorgung werden (ob kapitalgedeckt oder umlagefinanziert) ebenfalls deutlich steigen, weil durch die höhere Lebenserwartung die Bezugsdauer der Renten steigt.
  • Mehrkosten im Gesundheitswesen entstehen auch durch technischen und medizinischen Fortschritt, der eine bessere medizinische Versorgung möglich macht.
  • Nicht zuletzt ist davon auszugehen, dass wir mehr Investitionen im Bildungsbereich haben werden, um die gestiegenen Bedarfe von Kitas, Schulen, Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen zu finanzieren.

Unabhängig von der genauen Höhe der Kosten – denen gleichzeitig immer auch steigende Leistungen gegenüberstehen – ist die entscheidende gesellschaftspolitische Frage eine ganz andere: Wie werden die Kosten in Zukunft verteilt?

Ein Moratorium für Sozialausgaben oder eine Deckelung der Sozialversicherungsbeiträge bedeutet letztlich nichts Anderes als Abbau von Sozialleistungen und eine Lastenverschiebung zu Ungunsten der Beschäftigten. Sie müssten dann aus eigener Tasche privat vorsorgen. Ein schlechtes Geschäft, von dem letztlich nur die Arbeitgeber profitieren würden.

IG Metall: Soziale Sicherheit und faire Lastenverteilung!

Das soziale Sicherheitsversprechen des Sozialstaates wird auch in den kommenden Umbruchsjahren von großer Bedeutung sein. Die IG Metall setzt sich daher für eine gerechte Finanzierung und eine faire Lastenverteilung der sozialstaatlichen Leistungen ein. Eine pauschale Deckelung der Sozialversicherungsbeiträge oder ein Moratorium für staatliche Sozialausgaben lehnen wir entschieden ab!

Ein moderater Anstieg der Sozialversicherungsbeiträge und eine zusätzliche Steuerfinanzierung von Sozialausgaben sind die solidarische Lösung für einen sicheren und zukunftsfesten Sozialstaat.