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Soli-Rente-Plus

Ein solidarischer Weg der ergänzenden Zusatzversorgung jenseits des Drei-Säulen-Modells

Bereits heute gibt es zum Ausgleich oder zur Verringerung von Rentenabschlägen für Pflichtversicherte unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, zusätzlich Beiträge in die Rentenversicherung einzuzahlen. Dabei zeigen die Daten der Deutschen Rentenversicherung (DRV), dass sich diese Regelung einer wachsenden Beliebtheit erfreut. Sie leistet damit einen zunehmend wichtigen Beitrag zur Flexibilisierung des Altersausstiegs.

 

Die Ursachen für diese Entwicklung liegen sicher auch im mangelnden Zutrauen der Beschäftigten in die Leistungen der privaten Versicherungswirtschaft, im Vertrauensverlust, den die Riester-Rente erlitten hat, und in der lückenhaften Abdeckung der Betriebsrenten. Hinzu kommt, dass Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften in einigen Branchen begonnen haben, entsprechende tarifliche Regelungen zu vereinbaren, die Zahlungen der Arbeitgeber in die Rentenkasse vorsehen.

 

Das Andauern der Niedrigzinsphase befördert eine zunehmende Abwälzung des Anlagerisikos von Versicherungswirtschaft und Arbeitgebern auf die Beschäftigten und den Rückzug von Unternehmen aus angestammten Betriebsrentenzusagen. Vor diesem Hintergrund könnte die Neigung der Beschäftigten weiter steigen, ihren zusätzlichen Versorgungsbedarf durch die gesetzliche Rentenversicherung zu organisieren, anstatt sich auf spekulative Anlageformen an den Finanzmärkten einzulassen. Auch Verbraucherschützer:innen und Wirtschaftsjournalist:innen haben in den letzten Jahren die Möglichkeit der Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung als durchaus rentabel empfohlen. Renditen nach Kosten von 2,5 bis 3,5 Prozent scheinen auch in mittleren bis langen Fristen möglich.

 

Doch um die bestehende Regelung zu einer breit nutzbaren sozialstaatlichen Alternative werden zu lassen, müsste der gesetzliche Rahmen erweitert werden. Besonders problematisch an den heutigen Rahmenbedingungen ist, dass erst ab dem 50. Lebensjahr der Beschäftigten zusätzliche Beiträge eingezahlt werden können, dass diese zusätzlichen Beiträge in der Höhe begrenzt sind auf potentielle Abschläge im Falle eines vorzeitigen Renteneintritts und dass von allen Beschäftigten individuell ein erheblicher bürokratischer Aufwand betrieben werden muss, bevor zusätzliche Beiträge bei der Deutschen Rentenversicherung eingezahlt werden können.

 

Konturen der Soli-Rente-Plus

Eine neue, die bisherigen Regelungen ergänzende Form der Zusatzversorgung für gesetzlich Pflichtversicherte im Rahmen der Rentenversicherung sollte mindestens folgende Kernpunkte umfassen:

 

  • Es sollte unabhängig vom Alter und Verwendungszweck ein Anspruch auf zusätzliche Beitragszahlung in die gesetzliche Rentenversicherung für alle Pflichtversicherten bestehen.
  • Einzahlungen können unbürokratisch sowohl durch Zahlungen der Arbeitnehmer:innen als auch in Form von Beiträgen der Arbeitgeber erfolgen.
  • Die Höhe der möglichen Beitragszahlung ist zu begrenzen. Beiträge in beliebiger Höhe kämen insbesondere Personen mit sehr hohem Einkommen zugute und könnten Anlagen in die Rentenversicherung zu einer Art Spekulationsobjekt für Renditejäger:innen und Steueroptimierer:innen machen. Daher sollte die Höhe des zusätzlichen Beitrags auf vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung begrenzt werden.
  • In diesem Zusammenhang wäre auch zu prüfen, ob die Regelungen als tarifexklusives Sozialrecht ausgestaltet werden können, so dass sie nur in tarifgebundenen Betrieben gelten.
  • Monatliche, jährliche und Einmalzahlungen sollten möglich sein, und es sollte für den Arbeitgeber eine gesetzliche Verpflichtung bestehen, im Lohnabzugsverfahren Beiträge automatisch abführen zu müssen.
  • Soweit der Arbeitgeber zusätzliche Beiträge entrichtet, sollten sie nicht der Steuer- und Beitragspflicht unterliegen. Zahlen Beschäftigte zusätzliche Beiträge, sollten diese steuerlich vollständig absetzbar sein.
  • Nötig sind zudem flankierende Regelungen im Rentenrecht, die verhindern, dass die zusätzlichen Beiträge Auswirkungen auf die Gestaltung der Pflichtbeitragssätze haben. Dazu muss der Anpassungsmechanismus für den Beitragssatz so modifiziert werden, dass zukünftig die Beitragseinnahmen ohne die zusätzlichen Beiträge die Ausgaben mittelfristig decken. Die beitragssatzrelevante Höhe der Rücklagen in Monatsausgaben würde ohne die zusätzlichen Beiträge ermittelt.
  • Die temporär zusätzliche Liquidität der gesetzlichen Rentenversicherung sollte nicht spekulativ, sondern werterhaltend, beispielsweise bei der Bundesbank, angelegt werden können.

 

Die hier nur skizzenhaft angedeuteten Regelungen einer Soli-Rente-Plus können bei einer entsprechenden rechtlichen Umsetzung ein verlässliches und berechenbares Standardprodukt für die zusätzliche Vorsorge schaffen, welches mit niedrigen Verwaltungskosten und ohne Gewinnerzielungsinteressen alle biometrischen Risiken absichert. Zudem könnte auf der Basis einer tariflichen Ausgestaltung ein verteilungsgerechter Finanzierungsrahmen geschaffen werden.

 

Hinweis: Der Beitrag basiert auf folgendem Artikel: Urban, Hans-Jürgen 2022: Debattenvorschlag: Die Soli-Rente-plus – eine Perspektive jenseits von Privatisierung und Kapitalisierung. In: Soziale Sicherheit 5/2022. https://www.bund-verlag.de/zeitschriften/soziale-sicherheit